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So interessant können Übersetzungslösungen sein

Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.
Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!
Restriktiv oder explikativ? (März 2025)
Am 27. Oktober 2007 erschien bei telegraph.co.uk der Artikel „Green Gold“ von Sally Williams. Er beginnt mit der Frage: „Can a jewellery trade tainted by the scourge of blood diamonds ever take its part in an eco-aware marketplace?“
Die Übersetzung lautete: „Kann Schmuckhandel, der den schlechten Beigeschmack von Blutdiamanten mit sich trägt, sich jemals in einen öko-bewussten Markt integrieren?“
Eigentlich ist diese Übersetzung nicht zu beanstanden. Dennoch stellt sich bei genauem Lesen die Frage, ob das, was im Englischen durch einen Partizipialausdruck und im Deutschen als Relativsatz wiedergegeben wird, einen restriktiv-definitorischen Charakter hat oder eher explikativ als Zusatzinformation zu verstehen ist. Sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Übersetzung sind theoretisch beide Interpretationen möglich: bei der restriktiv-definitorischen Variante gäbe es verschiedene Arten des Schmuckhandels, es ginge in dem Text jedoch um eine bestimmte Art des Schmuckhandels; die explikative Variante hätte den Schmuckhandel generell zum Thema, der Schmuckhandel würde hier allgemein als in ethischer Hinsicht bedenklich gelten.
Die explikative Variante scheint mir die plausiblere zu sein. Zwar handelt der Text davon, wie der Schmuckhandel in ethischer Hinsicht verbessert werden kann; jedoch geht es hier nicht um einen Konstrast zwischen herkömmlichem und ethisch verantwortungsvollem Schmuckhandel. Zur Vermeidung alternativer Interpretationsmöglichkeiten ließen sich sowohl das Original als auch die Übersetzung klarer formulieren.
Im Englischen würde die Ersetzung des unbestimmten Artikels durch einen bestimmten Artikel in Kombination mit einem explikativen Relativsatz bzw. einem leicht modifizierten Partizipialausdruck zu einem eindeutigeren Verständnis beitragen: Can the jewellery trade, which is tainted by the scourge of blood diamonds, ever take its part in an eco-aware marketplace? Oder etwas eleganter: Can the jewellery trade, tainted as it is by the scourge of blood diamonds, ever take its part in an eco-aware marketplace?
Im Deutschen ist der Kern der Lösung ähnlich wie im Englischen: Es muss lediglich der bestimmte Artikel eingefügt werden. So ergibt sich: Kann der Schmuckhandel, der den schlechten Beigeschmack von Blutdiamanten mit sich trägt, sich jemals in einen öko-bewussten Markt integrieren?