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So interessant können Übersetzungslösungen sein

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Warum Like-Blog? Nun, zum einen ist dieser Blog ein Blog, den Sie mögen (und regelmäßig lesen) sollten – zumindest dann, wenn Sie sich für Übersetzungen interessieren. Zum anderen ist das hier behandelte Thema eines, in dem die sinnstiftende Ähnlichkeit zwischen einem Text und seiner Übersetzung im Sprachenpaar Englisch-Deutsch eine zentrale Rolle spielt. Auf dieser Seite diskutiere ich einige interessante Übersetzungslösungen, die mir im Laufe meiner Tätigkeit als Übersetzer und Übersetzungswissenschaftler über den Weg gelaufen sind.

Eine Übersetzungslösung ist immer nur so gut wie die sie stützenden Argumente. Wer also positive oder negative Übersetzungskritik übt, muss diese auch begründen. Wie gut eine Übersetzungslösung ist, erweist sich erst in Relation zu anderen möglichen Übersetzungslösungen in einer gegebenen Übersetzungssituation. Daher sollte ein Übersetzungskritiker oder eine Übersetzungskritikerin nicht nur sagen, warum eine Übersetzungslösung schlecht ist, sondern auch aufzeigen, wie eine bessere Lösung aussehen könnte. Diese Grundsätze der Übersetzungskritik werde ich versuchen zu beherzigen. Das bedeutet auch: Wenn Sie Fragen zu meiner Argumentation haben oder anderer Meinung sind, lassen Sie es mich gerne wissen unter 04171 6086525 oder per E-Mail an bittner@businessenglish-hamburg.de. Doch nun genug der einleitenden Worte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Redundanz (April 2025)

In Sally Williams’ Artikel „Green Gold“ (telegraph.co.uk, 27. Oktober 2007) findet sich folgender Satz: „“You’ve got donkey-loads of groups out there now making all kinds of wild claims,” says Greg Valerio, an early ethical pioneer with Cred, the jewellery company he founded in 1996.“

Übersetzt wurde: „,Derzeit gibt es Unmengen von Gruppen dort draußen, die alle möglichen wilden Behauptungen aufstellen‘, sagt Greg Valerio, ein früher ethischer Pionier mit Cred, dem Juweliergeschäft, das er 1996 gegründet hat.“

Das offensichtlichste Problem ist die Übersetzung von „with Cred“. Greg Valerio ist ein Pionier bei Cred, wobei aus grammatikalischer Sicht nicht klar ist, ob der Ausdruck eine definierende Funktion hat oder nicht. Wenn ja, würde dies bedeuten, dass sich „an early ethical pioneer“ nur auf die Firma Cred bezieht; gemeint ist aber wohl eher, dass „with Cred“ eine reine Zusatzinformation darstellt. Dass „with Cred“ trotzdem auf Deutsch als „mit Cred“ wiedergegeben werden kann, wird im Übersetzungsvorschlag unten ersichtlich.

Das Thema dieses Blog-Eintrags, Redundanz, bezieht sich auf zwei Elemente, die sowohl im Original als auch in der Übersetzung überflüssig sind. Da ist zum einen der eher umgangssprachliche Ausdruck „out there“, der soviel bedeutet wie „auf der ganzen Welt“, während „dort draußen“, so wie es hier verwendet wird, in erster Linie eine lokal begrenzte, spezifische deiktische Bedeutung hat. Allerdings bietet die Information „out there“ keinen Mehrwert, denn wenn der Ort nicht angegeben ist, wo die vielen Gruppen sind, die alle möglichen wilden Behauptungen aufstellen, ist impliziert, dass diese Gruppen sich irgendwo auf der ganzen Welt herumtreiben. Zum anderen gibt es das Adjektiv „early“, das in Verbindung mit „pioneer“ unnötig ist, da seine Bedeutung im Substantiv enthalten ist.

Nun sind Redundanzen nicht immer funktionslos. Während sie in einem technischen oder akademischen Text vermieden werden sollten, können sie in einem journalistischen oder literarischen Text durchaus als Stilmittel fungieren. Im Englischen ist „out there“ ein die Mündlichkeit der direkten Rede betonendes Stilmittel – mal abgesehen davon, dass es hier natürlich Teil eines Zitates ist. Im Deutschen würde ich den Ausdruck „dort draußen“ mit der allgemeinen Bedeutung von „out there“ nur entweder in einer expliziten Kollokation wie zum Beispiel „die Welt dort draußen“ verwenden oder in einem Kontext, der das, worauf sich „dort“ bezieht, eindeutig festlegt – zum Beispiel, in einem Text über das Weltall, die Frage, ob es dort draußen Leben gibt. Im gegebenen Zusammenhang ist es eine Frage des individuellen Geschmacks, ob „out there“ im Zieltext nicht übersetzt oder durch einen passenden Ausdruck wie „überall auf der Welt“ wiedergegeben wird. Schließlich sollte der Übersetzungsstrategie die Annahme zugrundeliegen, dass der Leser oder die Leserin des deutschen Zieltextes nicht den Ausgangstext verstehen, sondern das Gelesene wie ein deutsches Original rezipieren will.

Ausdrücke wie „an early pioneer“ im Englischen bzw. „ein früher Pionier“ im Deutschen lassen sich durchaus in einigen Texten finden. Die Adjektive haben hier bestenfalls eine verstärkende Wirkung, sind jedoch sowohl in Bezug auf die Bedeutung als auch in stilistischer Hinsicht unnötig. Dass die deutsche Übersetzung „ein früher ethischer Pionier“ negativ auffällt, liegt vermutlich vor allem an dem Attribut „ethisch“, welches im Deutschen nur in bestimmten Fällen vor einem eine Person bezeichnenden Substantiv verwendet wird. Da gibt es etwa den „ethischen Hacker“, einen Hacker, der sich in seinem Tun, dem Hacken, ethisch verhält. Das englische „ethical“ ist in seiner Bedeutung etwas flexibler als der verwandte deutsche Begriff, so dass ein Bezug auf Menschen im Englischen nicht ungewöhnlich ist.

Mein Verbesserungsvorschlag für die obige Übersetzung lautet: „Derzeit gibt es Unmengen von Gruppen, die alle möglichen wilden Behauptungen aufstellen“, sagt Greg Valerio, der mit Cred – einem Juweliergeschäft, das er 1996 gegründet hat – zu den Pionieren für ethischen Schmuck zählt.